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Zölle, Zinsen und der Immobilienmarkt – was die aktuelle Lage für Käufer und Eigentümer bedeutet

Zölle, steigende Bauzinsen und geopolitische Unsicherheiten belasten die Märkte. Trotz sinkender EZB-Leitzinsen steigen die Finanzierungskosten. Was das für Immobilienpreise, Mieten und die Bewertungspraxis bedeutet, erläutert dieser Artikel.

Frederic Schorndorfer
8 Apr

Die Finanzmärkte zeigen derzeit eine außergewöhnlich hohe Nervosität. Auslöser ist eine neue Runde von Strafzöllen, die US-Präsident Donald Trump Anfang April 2025 verkündet hat. Die Zölle betreffen nicht nur China, sondern auch Importe aus der EU – betroffen sind Produkte im Wert von mehreren Hundert Milliarden Dollar. Damit wurde die ohnehin angespannte Handelssituation weiter verschärft, was unmittelbare Reaktionen an den Börsen nach sich zog. Internationale Aktienmärkte verzeichneten innerhalb weniger Tage teils zweistellige Verluste. Auch der deutsche Leitindex DAX gab stark nach. Anleger flüchteten vermehrt in sichere Anlageklassen wie Staatsanleihen und Gold. Die Sorge: Ein ausgewachsener Handelskrieg mit den USA könnte eine weltweite Rezession auslösen.

Diese konjunkturellen Unsicherheiten haben nicht nur Auswirkungen auf Aktienkurse, sondern auch auf die Geldpolitik. Die Europäische Zentralbank senkte in Reaktion auf die eingetrübten wirtschaftlichen Aussichten erneut ihren Leitzins – im März 2025 auf nun 2,5 %. Ziel ist es, das Wirtschaftswachstum durch günstigere Kreditbedingungen zu stabilisieren. Doch ein Widerspruch bleibt: Trotz gesenkter Leitzinsen steigen die Zinsen für Baufinanzierungen weiter an. Der Grund liegt in den gestiegenen Risikoaufschlägen am Kapitalmarkt. Banken bewerten langfristige Finanzierungen aufgrund der unsicheren konjunkturellen Lage und der globalen Geldpolitik als risikobehafteter, was sich unmittelbar in höheren Bauzinsen niederschlägt. Die aktuelle Zinsspanne bei Immobilienkrediten liegt bei 4 % bis 4,5 % – Tendenz weiter steigend.

Zusätzliche Inflationsrisiken verschärfen die Lage. Infolge der neuen Zölle verteuern sich viele importierte Güter. Gleichzeitig plant die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz ein umfangreiches Finanzierungsprogramm mit deutlich höheren Staatsausgaben. Marktbeobachter warnen vor einer strukturellen Belastung der öffentlichen Haushalte und vor Zweitrundeneffekten auf die Inflationsrate. Auch wenn die offiziellen Teuerungsraten derzeit noch moderat erscheinen, preisen Finanzmärkte und Banken eine steigende Inflation zunehmend in ihre Konditionen ein.

Was bedeutet all dies für den Immobilienmarkt? Die gestiegenen Finanzierungskosten belasten die Nachfrage nach Wohneigentum. Für viele Kaufinteressenten wird der Immobilienerwerb rechnerisch weniger attraktiv, insbesondere in Regionen mit bereits hohen Kaufpreisen. Erste Marktanalysen deuten auf eine abnehmende Dynamik bei den Preissteigerungen hin, in einigen Teilmärkten auch auf eine beginnende Seitwärtsbewegung. Besonders betroffen sind Käufer mit hohem Fremdfinanzierungsbedarf, etwa junge Familien oder Eigennutzer mit geringem Eigenkapital.

Auf der anderen Seite steigt der Druck auf den Mietmarkt. Wer sich den Immobilienkauf nicht mehr leisten kann, bleibt im Mietverhältnis oder sucht neu zur Miete. Dadurch nimmt die Konkurrenz um bezahlbaren Wohnraum zu, insbesondere in städtischen Lagen. Kurz- bis mittelfristig könnten die Mieten daher weiter anziehen – auch wenn der gesetzliche Rahmen (z. B. Mietpreisbremse, Kappungsgrenzen) dämpfend wirkt.

Für Immobiliengutachter und Sachverständige bedeutet die aktuelle Marktsituation eine erhöhte Komplexität bei der Bewertung. Die Plausibilisierung von Liegenschaftszinssätzen, Ertragsfaktoren und Roherträgen erfordert eine besonders sorgfältige Berücksichtigung der Zinsentwicklung, der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der regionalen Marktdynamik. Prognosen zu künftigen Miet- und Kaufpreisentwicklungen sollten unter Annahme verschiedener Zinsszenarien vorgenommen werden.

Unterm Strich zeigt sich: Handelskonflikte und geldpolitische Verwerfungen sind keine abstrakten Größen, sondern wirken bis in die Immobilienbewertung hinein. Wer heute eine fundierte Aussage zur Marktlage treffen will, muss globale Entwicklungen und deren finanzielle Folgewirkungen konsequent mitdenken.

Ingenieurbüro Schorndorfer - Ihr Immobiliengutachter, Wertgutachter und Immobiliensachverständiger in Heilbronn

Ihr Ansprechpartner
Frederic Schorndorfer

Sachverständiger für Immobilienbewertung zertifiziert nach DIN EN ISO / IEC 17024

Immobilienwertermittler (TÜV + Institut für Sachverständigenwesen)

Sachverständiger für Schimmelpilzbewertung (DEKRA)

Anerkanntes Mitglied im BDFS

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