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Kaufnebenkosten beim Immobilienverkauf - wie der Staat bei einer 500.000 € Immobilie über 48.000 € ohne Gegenleistung verdient

Beim Kauf einer Immobilie denken die meisten Käufer in erster Linie an den Kaufpreis und die damit verbundene Finanzierung. Was viele unterschätzen: Die Kaufnebenkosten können schnell zehn bis zwölf Prozent des Kaufpreises erreichen und sind fast immer aus Eigenkapital zu zahlen. Besonders deutlich wird das in Baden-Württemberg, wie ein aktuelles Rechenbeispiel zeigt. Bei einem Einfamilienhaus mit 500.000 Euro Kaufpreis fließen insgesamt rund 48.000 Euro an den Staat und die Kommunen – noch bevor auch nur ein Euro in die Immobilie investiert werden kann. Hauptposten sind die Grunderwerbsteuer, die Gebühren für die Grundbuchumschreibung und der Steueranteil an Notarkosten sowie die Umsatzsteuer auf Maklerprovisionen und die anschließende Besteuerung der Maklernettoprovisionen.

Frederic Schorndorfer
27 Jul

Kaufnebenkosten beim Immobilienerwerb – eine gutachterliche Analyse der BBSR-Studie und fiskalische Bewertung

Der Erwerb einer Wohnimmobilie ist in Deutschland mit erheblichen Nebenkosten verbunden. Eine aktuelle Untersuchung des Bundesinstituts für Bau‑, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zeigt, dass diese Nebenkosten regelmäßig 10 bis 12 Prozent des Kaufpreises erreichen und damit einen wesentlichen Einfluss auf die Marktliquidität und die Finanzierbarkeit von Wohnraum haben.

Zusammensetzung der Kaufnebenkosten

Die Nebenkosten setzen sich aus Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchkosten sowie – sofern ein Makler involviert ist – aus Maklerprovisionen zusammen.

Grunderwerbsteuer: Eine reine Transaktionssteuer. In Baden-Württemberg 5 Prozent.
Notarkosten: Ca. 1 Prozent des Kaufpreises, privatrechtlich, jedoch einkommensteuerpflichtig.
Grundbuchgebühren: Ca. 0,5 Prozent des Kaufpreises, direkt an das Amtsgericht.
Maklerprovisionen: Üblicherweise 3,57 Prozent (inklusive Umsatzsteuer) je Partei. Die Umsatzsteueranteile fließen direkt an den Staat, die Nettoprovision wird zusätzlich besteuert.

Beispiel: Einfamilienhaus mit 500.000 Euro Kaufpreis in Baden-Württemberg

  1. Grunderwerbsteuer: 500.000 Euro × 5 % = 25.000 Euro
  2. Notarkosten: 500.000 Euro × 1 % = 5.000 Euro, davon ca. 2.500 Euro Steueranteil
  3. Grundbuchgebühren: 500.000 Euro × 0,5 % = 2.500 Euro
  4. Maklerprovision Käufer: 17.850 Euro, darin 2.850 Euro Umsatzsteuer
  5. Maklerprovision Verkäufer: 17.850 Euro, darin 2.850 Euro Umsatzsteuer

Besteuerung der Nettoprovisionen:
Die Nettoprovisionen von insgesamt 30.000 Euro werden zusätzlich mit ca. 40 Prozent Einkommen- und Gewerbesteuer belastet. Dies entspricht ca. 12.000 Euro.

Staatliche Einnahmen aus dieser Transaktion

Grunderwerbsteuer (5 %) – 25.000 Euro
Grundbuchgebühren (0,5 %) – 2.500 Euro
Steueranteil aus Notarkosten (geschätzt) – 2.500 Euro
Umsatzsteuer auf Maklerprovision (Käufer + Verkäufer) – 5.700 Euro
Einkommen- und Gewerbesteuern aus Maklernettoprovisionen – 12.000 Euro

Gesamteinnahmen Staat & Kommunen – 47.700 Euro

Gesamteinnahmen Staat & Kommunen aus dieser einen Immobilientransaktion: ca. 47.700 Euro.

Kritische Analyse: Warum der Staat hier das eigentliche Problem ist

Die öffentliche Diskussion über hohe Immobilienkosten konzentriert sich häufig auf steigende Kaufpreise und Maklerprovisionen. Das Beispiel zeigt jedoch klar: Der größte Einzelempfänger einer Immobilientransaktion ist der Staat.

  1. Problematische Wirkung der Kaufnebenkosten
  • Eigenkapitalbindung: Die Nebenkosten müssen aus Eigenmitteln gezahlt werden. Für Familien, die häufig ohnehin wenig Eigenkapital haben, wird der Zugang zum Eigenheim dadurch massiv erschwert.
  • Marktverzerrung: Hohe Nebenkosten verringern die Anzahl der Transaktionen und reduzieren die Marktliquidität.
  • Investitionshemmnis: Kapital, das in Steuern und Gebühren abfließt, fehlt anschließend für Sanierungen, energetische Modernisierungen oder Werterhalt der Immobilie.

Gerade junge Familien, die langfristig für Stabilität auf dem Wohnungsmarkt sorgen könnten, stoßen dadurch oft an finanzielle Grenzen und bleiben dauerhaft im Mietmarkt.

  1. Fehlende Gegenleistung
    Die Grunderwerbsteuer ist eine reine Transaktionssteuer. Auch die Gebühren für das Grundbuchamt stehen in keinem Verhältnis zum Verwaltungsaufwand. Über die Umsatzsteuer auf Maklerprovisionen und die zusätzliche Besteuerung der Nettoprovisionen wird derselbe Vorgang mehrfach besteuert.
  2. Rolle des Maklers – häufig zu Unrecht kritisiert
    In der öffentlichen Wahrnehmung wird die Maklerprovision oft als Hauptproblem gesehen. Tatsächlich sorgt ein professionell arbeitender Makler in vielen Fällen dafür, dass der Kaufpreis marktgerecht und damit oft niedriger angesetzt wird, als dies ohne Expertise der Fall wäre.
    Die fachgerechte Preisfindung kann überzogene Preisvorstellungen der Verkäufer korrigieren und beschleunigt in vielen Fällen die Transaktion – was letztlich allen Marktteilnehmern zugutekommt.

Reformansätze

  • Freibeträge oder Absenkung der Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer
  • Überprüfung der Gebührenstruktur beim Grundbuch
  • Förderung von Transparenz und Kostendeckelung bei Notar- und Maklerleistungen

Fazit

Bei einem Kaufpreis von 500.000 Euro fließen fast 48.000 Euro an den Staat und die Kommunen. Diese Belastung ist unabhängig von der eigentlichen Preisentwicklung und zeigt deutlich, dass der staatliche Anteil an einer Immobilientransaktion ein wesentlicher Kostentreiber ist.
Kritik ausschließlich an Kaufpreisen oder Maklergebühren greift daher zu kurz. Eine Reform der Kaufnebenkosten ist zwingend erforderlich, um den Zugang zu Wohneigentum – insbesondere für Familien – zu erleichtern und die Marktdynamik zu verbessern.

Ingenieurbüro Schorndorfer: Immobiliengutachter Heilbronn, Wertgutachten, Verkehrswertgutachten, Immobiliensachverständige, Wertgutachter Heilbronn.

Ihr Ansprechpartner
Frederic Schorndorfer

Sachverständiger für Immobilienbewertung zertifiziert nach DIN EN ISO / IEC 17024

Immobilienwertermittler (TÜV + Institut für Sachverständigenwesen)

Sachverständiger für Schimmelpilzbewertung (DEKRA)

Anerkanntes Mitglied im BDFS

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